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IN GOLD GERITZTE RANKEN

InstallAction

anlässlich der Ausstellung „querfeldein – Zeitgenössische Kunst im Goms“, Münster - Geschinen 2008


Der spätgotische Hochaltar der Pfarrkirche von Münster war Thema und Ausgangspunkt für Interventionen und Recherchen von Klara Schilliger und Valerian Maly.
„In Gold geritzte Ranken“ ist eine zweiteilige Arbeit, die einerseits in der Initiierung und Herausgabe eines Kunstführers bestand (Ostern 2009, rechtzeitig zum 500 - Jahr-Jubiläum der Weihung des Hochaltars), andererseits vorab in eine raumgreifende Install Action mit variablen Objekten mündete, die schon auf das Erscheinen des Kunstführers hinwies.

Der Kunstführer
Der Hochaltar wird von Fachleuten als Kulturgut von nationaler Bedeutung geschätzt. Das Werk des Luzerner Bildschnitzers Jörg Keller entstand 1509 und braucht den Vergleich mit Werken berühmter Künstler wie Tielman Riemenschneider oder Jakob Russ nicht zu scheuen. Umso bedauerlicher war, dass zu dem kunsthistorischen Denkmal schon seit geraumer Zeit keine handliche Publikation vorlag, wie man sie von anderen Kunstdenkmälern kennt. Unser Beitrag zu der Ausstellung „ querfeldein “ bestand zur Hauptsache in der Herausgabe eines neuen Kunstführers durch die Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK (in Zusammenarbeit mit dem Verein „Kulturlandschaft Münster - Geschinen“). Im Hauptteil beschreibt der aus dem Goms stammende Kunstwissenschaftler Benno Mutter den Hochaltar. Nebst der Schilderung der Szenerien und der Beschreibung der Heiligen mit ihren Attributen sind Informationen zu technologischen Untersuchungen des Retabels, sowie die formale Herleitung enthalten – eingebettet in eine Erläuterung der künstlerischen Situation im Spätmittelalter.
Mit Fotografien des Aussen- und Innenraumes und mit Detailansichten des Hochaltars wurde der Kunstführer zu einem attraktiven Bilderreigen.
Dieser Kunstführer ist aber gleichsam auch Künstlerheft. In einem einleitenden Text beschreiben Klara Schilliger und Valerian Maly den Altar aus ihrer Perspektive. Ausgangspunkt dafür ist eine Fotografie des mit violettem Tuch umhüllten, nicht sichtbaren Altars zur Karwoche – Notate zum Sichtbaren, wie dem Unsichtbaren ; zum Erscheinen und Verschwinden, zu Leere und Fülle, zu Fragen nach dem Bild hinter dem Bild. Einer Teilauflage des Kunstführers ist ein „ Insert “ der Künstler eingebunden: Ein Transparentpapier, auf dem in lockerer Folge Begriffe wie „Baldachin“, „Predella“, „Akanthus“, „Gesprenge“, „Grisaillemalerei“, „Blütenrankenwerk“, aber auch „Barbara“, „Holofernes“, „König David“, „Jesse“, aufgeführt sind – als eine Art Assoziationsgedicht, das über den kunsthistorischen Text gelegt ist. Als Sonderedition sind einige Hefte mit Blattgold versehen.

Die Install Action
Ab Ende Juni 2008 bis Ostern 2009 tauchten in Münster und Umgebung nach und nach an diversen Standorten und Plätzen alte Fenster auf, in die Begriffe wie „Pressbrokat“, „Schweisstuch“ oder „Drôlerie“ – ähnlich wie im „Insert“ des Kunstführers – eingraviert waren ; Begriffe, die aus Walter Ruppens Altarbeschreibung von 1968 stammen. Als visuelle Referenz zum Hochaltar war jedes Fenster auch mit einem Stück Blattgold versehen. Die Fenster wurden ab Mai 2008 bei Umbauten im Goms gesammelt und bearbeitet. Pilzen gleich erschienen und verschwanden die Fenster, gedacht eher als ein beiläufiges, unauffällig - auffälliges Ereignis, in nicht voraussehbarer zeitlich - örtlicher Folge installiert. Durch die Scheiben konnte man Ausschnitte des Dorfbildes oder der Landschaft sehen. Zusammen mit den Gravuren evozierten sie Assoziationen zu diesem Altar : Eine Art gläsernes Buch, dessen Seiten über den Ort und die Landschaft verstreut wurden.

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Fotos: © Klara Schilliger & Valerian Maly